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Sonntag, Juli 19, 2009
Kommune zahlt "Pille" für Köln-Pass-Frauen
Antrag gem. § 3 der Geschäftsordnung des Rates
Ausschuss Soziales und Senioren
20.08.2009
Kosten für Schwangerschaftsverhütung bei Frauen mit besonderen sozialen und psychosozialen Schwierigkeiten
Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
die Antragsteller bitten, den folgenden Antrag auf die Tagesordnung der Sitzung des Ausschusses für Soziales und Senioren am 20.08.2009 zu setzen:
Einschlägige Frauenberatungsstellen stellen zunehmend fest, dass insbesondere Frauen mit psychosozialen oder sozialen Problemen nicht in der Lage sind, die Kosten für ärztlich verordnete Schwangerschaftsverhütungsmittel aufzubringen.
Vor diesem Hintergrund beschließt der Sozialausschuss, dass die Verwaltung ein Verfahren entwickelt, um diese Frauen zu unterstützen.
Dieses Verfahren sollte sich an folgenden Grundsätzen orientieren:
1. Es bezieht sich auf Frauen mit ausdrücklich psychosozialen oder sozialen Schwierigkeiten, die im Besitz eines Köln-Passes sind.
Psychosoziale Schwierigkeiten sind beispielsweise Gewalterfahrungen, Sucht- oder Suchtfolgenerfahrungen, psychische Erkrankungen, Bedrohung von Obdachlosigkeit.
2. Die Kosten für ärztlich verordnete Verhütungsmittel können übernommen bzw. bezuschusst werden. Die Entscheidung hierüber trifft eine anerkannte Stelle nach dem Schwangeren- und Familienhilfegesetz nach entsprechender Beratung.
Ein Rechtsanspruch auf diese Leistung besteht nicht
3. Die Gesamtsumme der Kostenübernahme wird auf 150.000 Euro/p.a begrenzt, die innerhalb des Sozialetats zu decken sind.
Die Mittelzuweisung erfolgt quartalsweise.
Das konkretisierte Verfahren ist dem Ausschuss für Soziales und Senioren und dem Ausschuss für Umwelt, Gesundheit und Grün zur Beschlussfassung vorzulegen.
Begründung:
Auf der UN-Konferenz zu Bevölkerung und Entwicklung 1994 in Kairo wurde das Recht auf sexuelle und reproduktive Gesundheit als Menschenrecht ausdrücklich anerkannt. Hierzu gehört auch der ungehinderte Zugang zu sicheren, wirksamen und erschwinglichen Mitteln der Familienplanung. Ein entsprechendes Aktionsprogramm wurde von 174 Staaten (darunter der Bundesrepublik) verabschiedet.
In einer Masterarbeit von 2007 (Annelene Gäckle) wurde gezeigt, dass sich das Verhütungsverhalten bei Bezieherinnen von ALG II (bzw. von Leistungen nach SGB XII) aufgrund der schwierigen ökonomischen Situation geändert hat: Sichere und zuverlässige Verhütungsmittel werden gegenüber der Situation vor Bezug von Transferleistungen seltener eingesetzt, dagegen nahm die Verwendung weniger sicherer Mittel zu.
Nach dem Ergebnis dieser Untersuchung wird zumindest von einigen der befragten Frauen nicht ausgeschlossen, dass für sie auch ein (finanzierter) Schwangerschaftsabbruch als Mittel der Familienplanung in Frage kommen könnte.
Die Nichtberücksichtigung der Kosten für Familienplanung im Regelsatz des ALG II läuft in der Realität häufig den Intentionen des Menschenrechts auf reproduktive Gesundheit zuwider.
Bis zu einer anzustrebenden Änderung der entsprechenden bundesgesetzlichen Regelungen, auf die seitens der Kommunen über deren Spitzenverbände hingewirkt werden sollte, ist es erforderlich, bei besonderen sozialen und psychosozialen Schwierigkeiten in Umsetzung des Menschenrechts auf reproduktive Gesundheit eine Familienplanung durch sichere und wirksame Mittel zu ermöglichen. In Anlehnung an das Vorgehen in einigen anderen Städten soll hierzu als freiwillige Leistung ein Betrag von 150.000 € bereitgestellt werden, der über die anerkannten Beratungsstellen Frauen mit besonderen Schwierigkeiten eine für sie geeignete Methode der Familienplanung ermöglicht.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Michael Zimmermann gez. Jörg Frank
SPD-Fraktionsgeschäftsführer GRÜNE-Fraktionsgeschäftsführer