« Unterstützer-Initiative 2004 | Start | Zweiter Drogenkonsumraum »
Sonntag, Dezember 07, 2008
Schreiben an Grüne Bundestagsabgeordnete wegen Arbeitsmarktreform
27. November 2008
Bündnis90 / Die GRÜNEN im Bundestag
Frau Kerstin Müller, MdB
Herrn Volker Beck, MdB
Platz der Republik 1
11011 Berlin
nachrichtlich an: Herrn Markus Kurth, MdB
Neuausrichtung der Arbeitsmarkt-Instrumente im SGB II und SGB III
Liebe Kerstin, lieber Volker,
das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat zum 03.09.08 einen aktualisierten Referentenentwurf zur Instrumentenreform im SGB II und SGB III vorgelegt.
Darüber wird naheliegend auch auf kommunaler Ebene in Köln diskutiert. Von unserer Seite wurde initiiert, dass die zuständige Fachverwaltung eine ausführliche
Stellungnahme erstellt, die sie auch an die Bundestagsfraktionen richtete. Darauf möchten wir als Kölner Grüne hinweisen und zugleich deutlich machen, dass wir die
Position des Sozialausschusses (s. beigefügte Stellungnahme) im Wesentlichen teilen. Wir begrüßen den Referentenentwurf da, wo er Instrumente mit geringer Wirkung strafft oder
ersetzt. Für strategisch falsch halten wir aber eine Zusammenführung der Instrumente aus SGB II und III auf der Basis des SGB III.
In einzelnen Fallkonstellationen kann das sinnvoll sein, grundsätzlich muss aber berücksichtigt werden, dass die Personenkreise aus dem SGB II und die aus SGB III sehr
unterschiedliche Bedarfe haben.
Die Mehrheit der Kundenkreise des SGB II braucht sehr individuell angepasste Förderinstrumente. Im Vordergrund steht, dass die spezielle Lebenslage berücksichtigt wird
als Voraussetzung dafür, dass die Menschen erreicht werden.
Ein Förderziel, das sich ausschließlich und kurzfristig an der Aufnahme einer sozialverscherungspflichtigen Tätigkeit orientiert, wäre somit zu kurz gegriffen und erfasst die
oftmals komplexen Problemlagen nicht.
Die lokale Gestaltung der Instrumente funktioniert in Köln seit vielen Jahren zumeist zufriedenstellend – trotz mancher Probleme der ARGE in der operativen Umsetzung. Wir
brauchen diesen Gestaltungsspielraum und somit das vorhandene Experimentierfeld auch weiterhin. Die „sonstigen weiteren Leistungen“ bieten bislang hierzu eine gute Möglichkeit.
Die geplante Ablösung durch eine „Freie Förderung“, die einerseits lediglich 2 % des Eingliederungstitels ausmacht und zudem unter dem Vorbehalt der vorrangigen
Regelinstrumente stehen soll, schränkt uns jedoch vor Ort erheblich ein. Wir befürchten, dass ein noch zu erlassendes Regelwerk die lokale Freiheit extrem
einschränken würde.
Statt Standardisierung von Maßnahmen bedarf es einer Flexibilisierung für individuellere Hilfen; statt einer zentral bestimmten Vergabe- und Einkaufspolitik braucht es lokale
Mechanismen.
Wir unterstützen die bereits in anderen Stellungnahmen formulierten Forderungen an den Gesetzgeber, dass die grundsätzlich positiven Aspekte der SGB III -Reform
hin zu einer flexibleren Förderung eigenständig und als gesetzlicher Rahmen in das SGB II übernommen werden, ohne dass der Bund seine einseitige Interpretationshoheit per
Gesetz bestimmt.
Der Gesetzgeber muss aufgefordert werden, den unterschiedlichen Anforderungen eines Versicherungsgesetzes einerseits und eines Hilfegesetzes andererseits besser Rechnung zu
tragen.
Wir bitten Euch, uns im Rahmen Eurer politischen Interventionsmöglichkeiten auf Bundesebene in Hinsicht der weiteren Entwicklung des Referentenentwurfs und bei den
späteren Ausführungsbestimmungen zu unterstützen.
Zudem möchten wir Euch darum bitten, die Position der GRÜNEN im Bundestag zur Reform in Köln gegenüber der Fachöffentlichkeit in geeigneter Form zu artikulieren. Dies können wir
gerne mit Euch koordinieren.
Herzliche grüne Grüße aus Köln
Jörg Frank Stefan Peil Ossi Helling