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Freitag, August 29, 2008
Rede zum Fest: 20 Jahre Rom e.V. aus "Nevipe" Nr. 25 / 2008
3. Rede von Ossi Helling zum Jubiläum des Rom e.V.
Liebe Freundinnen und Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,
ich freue mich, als stellvertretender Vorsitzender des Sozialausschusses der Stadt Köln und als sozialpolitischer Sprecher der Grünen zu Ihnen/ zu Euch sprechen zu können.
Wir feiern heute die zwanzigjährige organisierte Zusammenarbeit von Rom und Nicht-Rom. Der Beginn dieser organisierten Zusammenarbeit reicht ins Jahr 1988. Dies eine Jahrzehnt, das gekennzeichnet ist durch einen großen Aufbruch sozialer Initiativen: das autonome Frauenhaus oder das Kölner Arbeitslosenzentrum KALZ als Beispiele. Und eben auch der Aufbruch des Rom e.V.
Der Kampf des Rom e.V. hatte allerschwierigste Ausgangsbedingungen: Seit eh und je galten Flüchtlinge in Köln und anderswo als Fremde. Roma und Sinti wurden als „Zigeuner“ angesehen und beschimpft. Sie galten als Fremdeste unter den Fremden!
Wie hat im Jahr 1988 der Kölner Stadtrat diese Problematik behandelt? Am 30.06.1988 hat der Rat beschlossen: Schaffung von zwei festen Stellplätzen für durchreisende Sinti und Roma, Regelungen für Durchreisende, also eine Art „Rein-Raus-Verschiebebahnhof“. Keine Spur von den heute so intensiv geführten Debatten um dauerhafte Bleiberechte!
Doch selbst diese Ziele konnten in Köln damals nicht durchgesetzt werden. 4 Jahre später berichtete die Stadtverwaltung an den Rat, dass der im Rechtsrheinischen geplante Platz an der Deutz-Kalker Str. nicht zu verwirklichen sei. Es müsse eine mühsame Suche nach neuen Standorten beginnen. Beim linksrheinischen Platz am Salzburger Weg habe es bei der Offenlage des Bebauungsplanes 350 negative Einwendungen von Bürgern gegeben und außerdem sei sowieso im Haushalt kein Geld für solche alten Beschlüsse da.
War also nix mit den versprochenen Standplätzen. Das Ordnungsamt fühlte sich derweil gestärkt, die dezentralen kleinen, vorübergehenden Standplätze von Durchreisenden mit ständigen Verbotsdrohungen zu überziehen.
Die Grünen haben mit fortschrittlichen Kräfte innerhalb und außerhalb des Rates für die Rechte der Roma und Sinti in Köln gekämpft. In meinen Augen war es stets ein solida-rischer, teils brüderlicher Kampf mit dem Rom e.V. zusammen. An dieser Stelle vorab ein persönlicher Dank an Kurt Holl. Jede/r hier wird mir recht geben, wenn ich sage, dass ohne sein jahrzehntelanges Engagement in dieser Stadt viel weniger Erfolge zu verzeichnen gewesen wären.
Im Rückblick einige frühere Highlights und auch einige Tragödien;
- Der „Spiegel“ 36/1990 titelte: „Alle hassen die Zigeuner!“. Mit der angeblichen Stimmungssuche in der Bevölkerung wurden ideologisch die inhumanen und reak-tionären Asylgesetze von 1993 vorbereitet.
- Das Roma-Lager in Ossendorf wurde durch Initiative der Sony-Niederlassung und anderer reaktionärer Kräfte aufgelöst.
- Der Roma-Platz am Schiffhof wurde nach jahrelangem Kampf der CDU liquidiert
- 1995 gab es eine Massenverhaftung von Roma-Frauen, weil eine unbekannte Mutter ihr Baby nach der Geburt ausgesetzt hatte.
6 Es gab aber immer wieder auch Erfolge:
- Mit dem 10-jährigen Bestehen konnte gleichzeitig eine verbesserte kommunale Finan-zierung des Rom e.V. verbunden werden.
- Nach ungefähr 15 Jahren konnten wir zusammen die Eröffnung des Roma-Archivs im Jahre 1999 feiern
- Die Grünen haben im Rat die Debatte um das Frankfurter Kinder-Projekt „Scha-woralle“ (Hallo Kinder) initiiert. „Schaworalle“ war teilweise Vorbild für das heutige Erfolgsprojekt Amaro Kher. Wegen unseres Erfolges, dass Amaro Kher Betriebs-genehmigung und kommunale Finanzen bekam, beschimpfte die FDP uns Grüne öffentlich als „Sicherheitsrisiko“ für Köln.
- Heute ist Amaro Kher ein wesentlicher Baustein eines vielschichtigen Hilfesystems auch für gefährdete Roma-Kinder und -Jugendliche. Mit diesem Hilfesystem haben wir uns durchgesetzt gegen die vielen Schreihälse in dieser Stadt, die damals das sogenannte „Klaukids-Problem“ durch die Schaffung zahlreicher Kinderknäste lösen wollten. Heute teilt selbst die Polizei mit, dass die „Klaukids-Problematik“ sich in Luft aufgelöst hat.
Ehe ich 20-30 weitere Höhen und Tiefen nenne, will ich lieber diese Aufzählung beenden und stattdessen ein Fazit ziehen:
Ohne die Arbeit des Rom e.V. wäre eine Wende in der Kölner Flüchtlingspolitik nicht mög-lich gewesen. Eine Wende wie die, dass von ca. 3800 Heimbewohnern ab 2004/2005 bis heute über 50% (!) in normalen Wohnungen untergebracht worden sind.
Liebe Freundinnen und Freunde,
trotz aller Erfolge bleiben manifeste Probleme bei den Aufenthalts- und Bleiberechten.
Aber angesichts der Kampferfahrung von 20 Jahren bin ich sicher, dass wir auch diese Probleme noch positiv lösen werden.
Dem Rom e.V. sei Dank, allen Mitgliedern, allen Beschäftigten und allen Ehrenamtlern sei Dank; vor allem aber sei gedankt den Roma selber, die in zähem Engagement und Durch-haltewillen ihre Rechte als Bürger und Bürgerinnen Kölns immer wieder geltend gemacht haben!
Insofern können wir heute frohen Mutes feiern. Und als kleine Aufmerksamkeit und Zeichen der 20-jährigen Verbundenheit werde ich heute meinen Mitgliedsantrag für den Rom e.V. ausfüllen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Ossi Helling)