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Freitag, März 29, 2013
Ratsrede Ossi Helling zu Bulgaren / Rumänen in Köln
Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren,
meinem Beitrag über die Zuwanderung aus Südosteuropa möchte ich zwei Bekenntnisse voranstellen. Ich hoffe, dass diese Bekenntnisse von allen demokratischen Parteien im Kölner Rat mitgetragen werden.
Zum einen das Bekenntnis zu Europa als anzustrebendem gemeinsamen Wirtschaft- und Politikraum. Genauso wie Köln mit seinen europäischen Städtepartnerschaften keine Partnerschaften erster und zweiter Klasse unterhält, genauso sollte auch Europa nicht in ein Klassensystem von etwa Nord- und Südländern oder in ein System verfallen, das alle Mitgliedsländer des Südostens zu Partnern zweiter Ordnung macht.
Zum anderen sollten wir uns zur Pflicht aller Deutschen bekennen, Lehren aus den Gräueltaten nationalsozialistischer Terrorherrschaft zu ziehen. Völlig zu Recht haben wir in Berlin ein denkwürdiges Holocaust Mahnmal. Völlig zu Recht haben wir in den 90ger Jahren - unter Helmut Kohl – noch Tausende jüdischer „Kontingentflüchtlinge“ nach Deutschland geholt und mit besonderen Integrationsleistungen unterstützt.
Meine Damen und Herren,
inzwischen gibt es auch ein Mahnmal angesichts der Ermordung von 500 000 Roma und Sinti in der NS-Zeit. Es gibt ein erschütternden Buch unter dem Titel: „Die nationalsozialistische Zigeunerverfolgung in Köln“ aus der Schriftenreihe des NS Dokumentationszentrums.
Gedenktätigkeiten müssen immer Taten folgen. Das haben wir gerade in dieser Stadt mit der erfolgreichen Integration von Roma- Familien seit Beginn der 90ger Jahre geschafft.
Und das müssen wir wieder schaffen mit den Roma Familien, die derzeit aus Bulgarien und Rumänien nach Köln kommen.
Dies können wir aber nicht allein aus eigener Kraft. Hier brauchen wir ein Sofortprogramm der Bundesregierung. Eine bisher eklatant passive Bundesregierung, die auf eine EU Anfrage 2011 antwortete, dass es keinen nationalen Aktionsplan für Roma in Deutschland bräuchte. Eine Bundesregierung die den aktuellen, von der EU aufgelegten, 2,5 Mrd. Hilfsfonds nicht bereit ist abzurufen, um auch Kommunen , in die Bulgaren und Rumänen einwandern, zu unterstützen.
Wie schwierig die Situation in Köln ist, wie dramatisch Einwanderer aus dem Raster unserer Sozialsysteme rausfallen, sei an einem Bespiel einer Roma Familie aus Rumänien gezeigt:
Ein Rumäne hat eine Deutsche geheiratet, lebt mit Frau und Baby in kleiner Wohnung mit Minijob und Hartz IV. Seine später eingereisten 3 Geschwister leben für 400 Euro ohne Mietvertrag mit ihren Partnern und 3 Kindern in einem Zimmer. Zwei schulpflichtige Kinder gehen nicht zur Schule. Die auch hier lebende Mutter ist psychisch krank. Außer dem Mann hat kein anderer regelmäßiges Einkommen, keine Krankenversicherung, null Perspektive.
Natürlich gibt es unter den fast 10 000 Menschen in Köln mit bulgarisch, rumänischem Hintergrund nicht nur Roma. Natürlich gibt es auch qualifizierte Facharbeiter und Akademiker, mit ausreichendem Sozialversicherungsschutz. Aber wir haben eben auch hunderte und tausende Menschen wie in unserem Fallbeispiel.
Meine Damen und Herren,
Köln will die hier Eingewanderten integrieren. Köln ist europäisch und den neu ankommenden Menschen zugewandt. Aber wir schaffen das nicht alleine. Deshalb der dringende Appel, dass die Bundesregierung uns nicht im Regen stehen lässt.
Noch ein abschließendes Wort zur EU Politik in den Herkunftsländern: In fast allen südosteuopäischen Ländern hat sich die wirtschaftliche Lage ärmerer Bevölkerungsschichten verschlechtert. Die „arm-reich-Schere“ klafft auch hier weit auseinander. Fast überall grassiert ethnische Diskriminierung. Es ist die Pflicht der EU, diese Zustände nicht nur zu beklagen und diverse wirtschaftliche Hilfspakete zu schnüren. Es ist die unbedingte Pflicht der EU Gremien, massiver auf die dortigen Regierungen einzuwirken und zu kontrollieren, dass Hilfen auch bei den unmittelbar betroffenen Menschen ankommen. Erst das würde dazu führen, dass Menschen sich tatsächlich frei entscheiden können, ob sie in andere Länder migrieren wollen.
Auch dieser Gesichtspunkt sollte in einer Resolution gewürdigt werden.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Anfrage zur Situation Bulgaren/Rumänen in Köln
Anfrage gem. § 4 der Geschäftsordnung des Rates
Ausschuss Soziales und Senioren 11.04.2013
Zuzug aus Bulgarien und Rumänien
Sehr geehrter Herr Paetzold,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
die Verwaltung arbeitet derzeit an einem Sachstandsbericht zum Zuzug von EU-BürgerInnen aus Rumänien und Bulgarien nach Köln. Dieser Bericht soll den zuständigen Gremien vor der Sommerpause vorgelegt werden.
In diesem Zusammenhang stellen wir folgende Fragen:
1. Orientiert sich dieser Bericht an den bundesweit anerkannten Statusberichten aus Berlin Neukölln?
2. Werden in diesem Zusammenhang auch die vorhandenen Handlungsempfehlungen anderer Städte wie z.B. Duisburg überprüft, um sie ggf. für Köln zu nutzen?
3. Hält auch die Verwaltung es für sinnvoll, den Bericht nicht nur den zuständigen Ratsgremien vorzulegen, sondern auch in einer Fachkonferenz unter der Beteiligung der Verwaltung, der Politik und einzelner freier Träger zu erörtern?
Mit freundlichen Grüßen
gez. Ossi Helling gez. Jörg Frank
Donnerstag, März 07, 2013
Grüne zur Migration aus Süd-Osteuropa nach Köln
Folgen der EU-Südost-Erweiterung
GRÜNE fordern wirksame Maßnahmen in den Beitrittsstaaten und für deutsche Zuzugsstädte!
Eine entsprechende Resolution an die Bundesregierung hat die GRÜNE Ratsfraktion gemeinsam mit SPD, CDU und FDP in die nächste Ratssitzung eingebracht.
Der Beitritt in die Europäische Union bringt den Menschen aus Rumänien und Bulgarien seit 2007 wie allen anderen EU-Bürgerinnen und -Bürgern eine unbegrenzte Reise- und Niederlassungsfreiheit. Ab 2014 kommt die Arbeitnehmerfreizügigkeit als konsequente Vollendung dieser europäischen Gemeinschaft hinzu.
Ossi Helling, sozial- und migrationspolitischer Sprecher der GRÜNEN Ratsfraktion, erklärt:
„Migration und die damit verbundene nationale, religiöse und ethnische Vielfalt passt in unsere Zeit und ist ein wichtiger Teil der Globalisierung der Welt. Wir GRÜNE begrüßen diese Realität ausdrücklich.
Wichtig ist allerdings, dass insbesondere der Bund auch die mit Migration verbundenen gesellschaftlichen und wirtschaftspolitischen Herausforderungen annimmt.
Eine eklatantes soziales Gefälle zwischen den Mitgliedsstaaten, die stillschweigende Akzeptanz von Ausgrenzung bestimmter Ethnien in Staaten wie Bulgarien und Rumänien tolerieren wir nicht!“
„Wir GRÜNE werden wir uns auf allen Ebenen dafür stark machen, dass Menschen nicht aus Not ihre Heimat verlassen müssen. Es muss effektivere europäische Hilfsmaßnahmen geben. Diese müssen bei den Menschen vor Ort aber auch ankommen und dürfen nicht - wie mit Geldern aus Hilfsprogrammen bisher oftmals geschehen - versickern.
Die Menschen, die bislang aus Bulgarien und Rumänien in deutsche Städte gezogen sind, haben sich vielfach in Situationen begeben müssen, die wir nicht hinnehmen wollen. Ihre Arbeitskraft wurde durch Billigstlöhne und ungesicherte Arbeitsverhältnisse ausgebeutet, der enge Wohnraum musste oftmals erheblich überbezahlt werden, die Lebensverhältnisse sind insbesondere für die Kinder nicht verantwortbar. Diese Probleme tauchen in den Stadtteilen, den Beratungsstellen, Kitas und Schulen auf.
Die GRÜNEN setzen sich dafür ein, hier vor Ort die Integrationschancen für die südosteuropäischen ZuwanderInnen zu verbessern. „Die besonders betroffenen Städte, die wie auch Köln meist keinerlei finanzielle Spielräume für weitere Aufgaben haben, brauchen dabei aber Hilfe vom Bund und der EU.
Alle Formen von Restriktionen wie z.B. die Verschärfung von Grenzkontrollen lehnen wir ab.“, bekräftigt Helling.
Köln, 06. März 2013